Fachgruppensitzung Bildung und Erziehung 2007

Fachgruppen-Treffen bei der Tagung der Vereinigung für sozialwissenschaftliche Japanforschung im JDZB Berlin am 24. November

In der Fachgruppe Bildung und Erziehung stellte Silke Werth von der Universität Heidelberg ihre Magisterarbeit vor zum Thema „Not in Education, Employment or Training – NEET in Japan. Nichterwerbstätigkeit junger Erwachsener als ’neues’ Phänomen und die Rolle der Medien“. Die Präsentation gab einen guten Einblick in Definitionen dieser neuen Form der Arbeitslosigkeit und analysierte die Medienberichterstattung über das momentan sehr aktuelle Jugendproblem. Der ursprünglich in Großbritannien geprägte Begriff NEET beschreibt in Japan eine andere Zielgruppe: alle „Jugendlichen“ zwischen 15 und 34 Jahren, die nicht in Bildungsinstitutionen eingeschrieben sind, keiner bezahlten Beschäftigung nachgehen und nicht aktiv nach Arbeit suchen. Das heißt, aufgrund ihrer Passivität in der Arbeitssuche, sei es aus welchen Gründen auch immer, wird diese im Jahr 2002 mit 120.000 Personen peakende Gruppe in der amtlichen Statistik nicht als „arbeitslos“ sondern eben als NEET kategorisiert. Wenn auch die aktuelle Situation der Jugendlichen im einleitenden Teil differenziert präsentiert wird, interessiert sich Werth mehr für deren Präsentation in den Medien und die Einstellungen von ausgewählten Gruppen zur NEET-Frage. Deutlich wird, dass NEETs häufig zu Sündenböcken werden, die ihre Situation selbst zu verschulden haben. Wenn man bedenkt, dass die Gruppe nie mehr als zwei Prozent der entsprechenden Altersgruppe überschritt, ist die Aufmerksamkeit enorm hoch; der zweite Teil der Präsentation machte deutlich, inwiefern ihre Situation in den Medien übermäßig widergespiegelt wird. Besonders interessant war der dritte Teil der Arbeit, in dem Werth Ergebnisse von einer Schülerbefragung aus diametral unterschiedlichen Schuldistrikten vorstellte. Deutlich wurde beispielsweise, dass Schülern in einer kleinen Gemeinde am äußersten Rand von Hokkaido die Situation von NEETs in vieler Hinsicht ferner liegt als Schülern, die in einer „durchschnittlichen“ Großstadt mit diesen Phänomenen der Jugendkultur bedeutend vertrauter sind. Die von Wolfgang Seifert betreute Arbeit macht deutlich, dass ein vielseitig methodologischer Ansatz ermöglicht, ein modernes Phänomen von ganz unterschiedlichen Seiten zu beleuchten, und dass verschiedene, mehr kultur- oder sozialwissenschaftlichen Perspektiven sich durchaus fruchtbar kombinieren lassen. Entsprechend war es sinnvoll, dass die Fachgruppen Erziehung und Kultur sich gemeinsam zu diesem Vortrag trafen.

Im folgenden Teil der Sitzung widmeten wir uns Fragen der zukünftigen Organisation und Planung der weiteren Fachgruppenarbeit. Dabei wurden die folgenden Beschlüsse verabschiedet:

1. Die Fachgruppe nennt sich ab sofort Fachgruppe Bildung und Erziehung. Der Begriff Fachgruppe Erziehung stammt aus der Gründungszeit der VSJF, als die kleinkindliche Erziehung in der Familie und im Kindergarten stark im Zentrum der japanbezogenen erziehungswissenschaftlichen Forschung stand. Seit inzwischen bereits einer Dekade stehen Fragen von Jugend und Bildung stärker im Zentrum der Forschung. Das zeigt sich auch bei der Forschung, die regelmäßig in der Fachgruppe vorgestellt und diskutiert wird. Die Begriffe Bildung und Erziehung werden lediglich im deutschsprachigen Raum so deutlich voneinander getrennt. Im Englischen wird für beide Begriffe gemeinsam der Terminus Education und im Japanischen der Ausdruck kyôiku verwendet.

2. Anemone Platz (University of Århus, DK) und Susanne Kreitz-Sandberg (University of Linköping, S) werden in Zukunft bei der Leitung der Fachgruppe Bildung und Erziehung von Karsten Helmholz unterstützt. Herr Helmholz unterrichtet an der Abteilung für Sprache und Kultur Japans der Universität Hamburg und arbeitet an einer Dissertation zur Weiterbildung in Japan. Er ist unter der Email-Adresse karsten.helmholz(at)uni-hamburg.de zu erreichen.

Susanne Kreitz-Sandberg (Universität Linköping, SE)