Fachgruppensitzung Politik 2010

In diesem Jahr traf sich die Fachgruppe Politik mit ca. 20 TeilnehmerInnen. Auf dem Programm des in englischer Sprache durchgeführten Treffens standen eine coaching session zum Publizieren in referierten englischsprachigen Fachzeitschriften sowie die Vorstellung und Diskussion von zwei laufenden Promotionsprojekten. Die Sitzung wurde von Gabriele Vogt (Universität Hamburg) und Kerstin Lukner (Universität Duisburg-Essen) geleitet.

Den ersten Teil der Fachgruppensitzung übernahm Dr. Angus Lockyer, Senior Editor der britischen Zeitschrift Japan Forum und Lecturer in japanischer Geschichte sowie Leiter des Japanese Research Centre (SOAS, Universität London), mit seiner coaching session zum Thema „How to publish a paper in social science research on Japan”. Zunächst gab Lockyer einen groben Überblick zur Gewichtung von Publikationen in Büchern und Zeitschriften, beschäftige sich mit der Frage, welche (kleine) Leserschaft ein Autor tatsächlich erreichen könne und ging auf die Vorteile ein, die non-native speakers als Autoren aufwiesen (andere Perspektiven). Gleichzeitig machte er auf die sich verschärfende Konkurrenzsituation auf dem Publikationsmarkt aufmerksam, die sich aus der sinkenden Nachfrage nach sozialwissenschaftlichen Artikeln zum Themenfeld Japan und der ansteigenden Anzahl an in englischer Sprache tätigen WissenschaftlerInnen ergebe. Anschließend widmete sich Lockyer der Publikationspraxis. Hier befasste er sich mit dem Ranking und der Gewichtung von Zeitschriften (1. Disziplin-bezogene Fachzeitschriften, 2. Fachzeitschriften aus dem Bereich der Area Studies, 3. Thematisch eng gefasste Fachzeitschriften) und gab Hinweise zur Auswahl eines für die eigene Arbeit geeigneten Journals. Zudem machte er darauf aufmerksam, dass jeder Artikel nicht nur einen „roten Faden”, klare Argumente und empirische Belege aufweisen solle, sondern auch in sprachlicher Hinsicht dem Stil der jeweiligen Zeitschrift angepasst werden müsse. Des Weiteren gab Lockyer Tipps, welchen Punkten AutorInnen während des gesamten Publikationsprozesses – also von der ersten Kontaktaufnahme mit den Herausgebern bis zum Umgang mit den Gutachten – besondere Beachtung schenken sollten. Angus Lockyer hielt einen sehr aufschlussreichen, höchst anschaulichen und von Anekdoten durchzogenen Vortrag und ermutigte alle TeilnehmerInnen der Fachgruppe, ihre Forschungsergebnisse in englischer Sprache bei einer referierten Fachzeitschrift, auch dem Japan Forum, einzureichen.

Im zweiten Teil der Fachgruppensitzung stellte zunächst Asuka Ashida (Doktorandin TU München) ihr Dissertationsprojekt zum Thema „Global-Local Linkage in Biodiversity Policy: Case of Japan” vor, das sich noch in der Anfangsphase befindet. Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Beobachtung, dass die konkrete Implementierung der Vorgaben der internationalen Biodiversitäts-Konvention auf nationaler Ebene je nach Staat unterschiedlich ausfällt. Daraus ergibt sich die Frage nach den Gründen, die zu diesen Unterschieden führen. Dies soll anhand der Fallstudie Japan und eines anschließenden Vergleichs zu Deutschland beleuchtet werden, wobei ein Untersuchungsschwerpunkt auf dem Einfluss von Parteien auf den nationalen Implementierungsprozess liegt. Im Plenum wurde insbesondere diskutiert, ob die Dissertation tatsächlich die Implementierung der Biodiversitäts-Konvention (policy implementation) in den Mittelpunkt stellt, oder ob nicht vielmehr die nationale Politikformulierung zur Umsetzung der Biodiversitäts-Konvention (policy formulation) den Schwerpunkt bildet. Im Laufe der Diskussion wurde deutlich, dass je nach Untersuchungsfokus verschiedene staatliche Ebenen – im ersten Fall vor allem die präfekturale und lokale, im zweiten Fall weiterhin die zentralstaatliche Ebene – und ihre Hauptakteure beleuchtet werden müssten.

Schließlich gab Kai Schulze (Freie Universität Berlin) einen Überblick über sein Dissertationsprojekt mit dem Titel „The ‘Rise of China’ and Changes in Japan’s Foreign Policy Identity”, das sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet. Im Rahmen seiner Arbeit spürt Schulze der Frage nach, ob sich die außenpolitische Identität Japans gegenüber seinem Nachbarstaat China seit dessen erfolgreicher wirtschaftlicher Entwicklung verändert habe. Zunächst erläuterte er das konstruktivistische Theoriegebäude, auf dem seine Arbeit fußt. Hiernach werden zwischenstaatliche Beziehungen als soziale Beziehungen verstanden, die Einfluss auf die Ausprägung der außenpolitischen Identität eines Landes nehmen. Einen Wandel in der außenpolitischen Identität eines Staates gegenüber einem bestimmten anderen Staat lasse sich dadurch erkennen, ob sich die dominanten Diskurse der außenpolitischen Elite über das eigene Land (das Selbst) und das andere Land (das Andere) veränderten. Im Hinblick auf die japanisch-chinesischen Beziehungen konnte Schulze einen solchen Wandel nachweisen. Während sich Japan gegenüber China lange Zeit als dominante und überlegene Wirtschaftsmacht definierte, ist dies seit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas nicht mehr möglich. Dementsprechend haben sich auch die Diskurse der japanischen außenpolitischen Elite sowie der Parlamentsmitglieder zur Eigen- und Fremddefinition verändert. Heute werden in Japans Selbstbeschreibung insbesondere politisch-soziale Faktoren betont. Hierzu gehören etwa die Stellung Japans als älteste Demokratie Asiens, seine sozialen Sicherungssysteme oder seine Zivilgesellschaft. Durch diese Verschiebung im Diskurs sieht sich Japan gegenüber dem wirtschaftlich mittlerweile stärkeren China weiterhin in einer überlegenen Position.

Der Vortrag von Dr. Lockyer sowie die Vorstellungen von Frau Ashida und Herrn Schulze erhielten viel Zuspruch und wurden lebhaft diskutiert. Auf die Publikationen der Fachgruppenmitglieder in englischsprachigen referierten Zeitschriften sowie auf die Fertigstellung der beiden Dissertationsschriften sind wir sehr gespannt.

Kerstin Lukner (Universität Duisburg-Essen)