Gender Workshop 2008

Geschlechterverhältnis und demographischer Wandel in Japan

27. – 28. November 2008 in Düsseldorf zum Thema „Geschlechterverhältnis und demographischer Wandel in Japan“

In diesem Jahr fand der mittlerweile 15. Gender-Workshop „Geschlechterforschung zu Japan“ wie auch in den letzten Jahren wieder im Rahmen der VSJF-Jahrestagung statt, der von Prof. Dr. Ilse Lenz (Universität Bochum) und Prof. Dr. Michiko Mae (Universität Düsseldorf) gemeinsam mit Dr. Ina Hein (Universität Düsseldorf) und Julia Schmitz (Universität Düsseldorf) organisiert wurde. Das Thema „Geschlechterverhältnis und demographischer Wandel in Japan“ wurde in sechs Vorträgen aus kultur- und sozialwissenschaftlicher Perspektive präsentiert.

Der Workshop wurde nach einer Begrüßung durch die Veranstalterinnen und einer kurzen Vorstellungsrunde mit einem Vortrag von Marissa Maurer (Universität Trier) eröffnet. Ausgangspunkt ihres Vortrags „Die Repräsentation von „Single-Frauen“ in der Printwerbung“ waren die veränderten Lebensentwürfe japanischer und deutscher junger Frauen, deren Gründe sich in der Tendenz zur späteren Eheschließung und dem Rückgang der Geburtenrate, in dem gestiegenen Bildungsniveau der Frauen, sowie in deren gestiegener Partizipation in der Arbeitswelt finden lassen. Maurer stellte vergleichend an Beispielen aus der deutschen und japanischen Printwerbung – in erster Linie Frauenmagazine – dar, inwieweit diese veränderten Lebensentwürfe in der Werbung aufgegriffen werden. Sie kam zu dem Schluss, dass die veränderten Lebensentwürfe in der Printwerbung zwar eine wichtige Rolle spielen, vielfach aber nur indirekt thematisiert werden, was insbesondere für die deutsche Printwerbung gilt.

Nora Kottmann (Universität Düsseldorf) stellte anschließend in ihrem Vortrag „Der Wandel des Heiratsverhaltens im Kontext „neuer“ sozialer Differenzen in Japan“ mögliche Erklärungen für die (vermeintliche) Abkehr von einer Heirat dar. Ausgehend von dem Heiratsideal der Mittelschicht, das sich in der Nachkriegszeit etablierte, ging Kottmann insbesondere auf die sozioökonomischen Veränderungen ein, die sich seit den 1990er Jahren in Japan zeigen und von denen sowohl die Männer als auch die Frauen betroffen sind. Kottmann stellte diese Entwicklungen darüber hinaus aber auch in den Kontext eines potentiellen Wertewandels der jungen Generation, der ebenfalls als Erklärung für das veränderte Heiratsverhalten berücksichtigt werden soll.

In ihrem Vortrag „Geburtenrückgang und Kinderwunsch“ thematisierte Hiromi Tanaka-Naji (Deutsches Institut für Japanstudien, Tokyo) die Diskrepanz zwischen dem Kinderwunsch der Japaner und dem tatsächlichen Verhalten in Bezug auf Heirat und Geburt. Dabei bezog sie sich auf bisherige Studien und Statistiken, um aufzudecken, welche Faktoren zu dieser Diskrepanz beigetragen haben.

Am zweiten Tag des Workshops hielt Julia Hillmann (Universität Düsseldorf) einen Vortrag zum Thema „Gender Policies in Japan“. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Ziele durch die geschlechterpolitischen Maßnahmen der japanischen Regierung verfolgt werden und welche Motive dahinterstehen. Hillmann stellte einen Zusammenhang zum Konzept des Staatsfeminismus her und machte deutlich, dass seit dem Entstehen der „Vision für Gleichstellung“ (1996) liberale Feministinnen, die in der Beratungskommission für Gleichstellung mitarbeiten, großen Einfluss auf Gesetzesformulierungen genommen und damit zur Institutionalisierung von Gleichstellungspolitik beigetragen haben, so dass mit dem Partizipationsgesetz möglicherweise ein wichtiger Grundstein für mehr Teilhabe gelegt wurde.

Axel Klein (Deutsches Institut für Japanstudien, Tokyo) gab in seinem Vortrag „Väter, Ehemänner und Abgeordnete – Wie individuelle, soziale Werte Fertilitätspolitik erzeugen“ einen Einblick in die Einstellungen und Wertvorstellungen männlicher Abgeordneter der Regierungspartei LDP bezüglich Fragen der Fertilitätspolitik. Klein ging von der Annahme aus, dass persönliche Lebenssituationen (Abgeordnete, die in ihrem Privatleben Ehemann und Vater sind) Maßnahmen im Rahmen der Fertilitätspolitik beeinflussen. Die ersten Ergebnisse zeigten jedoch, dass nicht zwangsläufig eine Beeinflussung politischer Maßnahmen durch private Lebenssituationen stattfindet, sondern bei den meisten Befragten eine Trennung ihres Privatlebens von ihrer öffentlichen Funktion als Abgeordneter vorliegt.

In dem letzten Beitrag des diesjährigen Gender-Workshops setzte sich Gabriele Vogt mit dem Thema „Der kleine Unterschied: Geschlecht und Nationalität in der Altenpflege“ auseinander. Ausgehend von dem zunehmenden Arbeitskräftemangel im Pflegesektor untersuchte sie am Beispiel des bilateralen Wirtschaftsabkommens zwischen Japan und Indonesien die Pflegemigration aus Indonesien nach Japan. Die beiden Kategorien Geschlecht und Ethnizität nahmen dabei eine zentrale Stellung ein. Vogt setzte Schwerpunkte einerseits auf die Frage zur Partizipation von Migrantinnen im Arbeitsmarkt und andererseits auf die Frage ihrer Partizipation im öffentlichen Leben.

Der nächste Workshop soll aller Voraussicht nach zu dem Thema Intersektionalität stattfinden. Kategorien wie Gender, Klasse/Schicht, Ethnizität, aber auch z.B. Alter und Gesundheit stehen oftmals miteinander in Verbindung und bilden Schnittstellen, die eine Vielzahl von Identitäten und Differenzen schaffen.

Julia Schmitz