Gender Workshop 2009

Intersektionalität – Arten von Differenzen

19.-20. November 2009 in Berlin zum Thema „Intersektionalität – Arten von Differenzen“

Im Vorfeld der VSJF-Jahrestagung gab es auch in diesem Jahr wieder einen Gender-Workshop „Geschlechterforschung zu Japan“ – mittlerweile zum 16. Mal – der von Prof. Dr. Ilse Lenz (Universität Bochum) und Prof. Dr. Michiko Mae (Universität Düsseldorf) gemeinsam mit Dr. Ina Hein (Universität Düsseldorf) und Dr. des. Julia Schmitz (Universität Düsseldorf) organisiert wurde. Das Thema „Intersektionalität – Arten von Differenzen“ wurde in sechs Vorträgen aus kultur- und sozialwissenschaftlicher Perspektive präsentiert und gemeinsam in einer Lesewerkstatt diskutiert.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Michiko Mae und einer Vorstellungsrunde aller WorkshopteilnehmerInnen leitete Ina Kerner (HU Berlin) mit ihrem Vortrag „Was ist Intersektionalität?“ in das Thema ein. Sie legte den Fokus auf die Hintergründe der aktuellen Intersektionalitätsforschung und charakterisierte Intersektionalität als einen offenen Begriff, der für das Zusammendenken verschiedener Formen von Ungleichheit steht. Kernkategorien sind Race, Class und Gender, die jedoch erweitert und ergänzt werden durch z.B. Alter und Behinderung.
In der „Lesewerkstatt zum Thema ‚Intersektionalität’“, organisiert von Ina Hein und Julia Schmitz, wurde der Aufsatz „‚Intersectionality’ – ein neues Paradigma feministischer Theorie? Zur transatlantischen Reise von ‚Race, Class, Gender’“ von Gudrun-Axeli Knapp intensiv diskutiert. Die SeminarteilnehmerInnen erarbeiteten in Kleingruppen abschnittsweise den Inhalt des Aufsatzes, präsentierten die wichtigsten Erkenntnisse auf einem Poster und erörterten in einer sich anschließenden Diskussion die Nutzbarkeit einer intersektionellen Herangehensweise für die eigene, auf Japan bezogene Forschung sowie damit verbundene Schwierigkeiten.
Den Tagesabschluss bildete Annette Schad-Seifert (Universität Düsseldorf), die in ihrem Vortrag „Männer als Verlierer, Frauen als Gewinner? – Geschlechtliche Polarisierung im Diskurs um Japans Konsum-Unterschichten“ die Begriffe Klasse und Geschlecht im Zusammenhang mit der Analyse des Diskurses über die so genannten „Konsum-Unterschichten“ untersuchte. Ausgehend von Miura Atsushi und Ueno Chizuko analysierte sie den Unterschichten-Diskurs unter Anwendung einer dekonstruktivistischen Sicht auf den scheinbar gender-neutralen Begriff der Klasse und diskutierte, dass durch die diskursive Produktion von Typologien und Zuschreibungen eine „Klassenformation“ erzeugt wird, die dazu beiträgt, Frauen und Männer sozial und kulturell neu zueinander zu verorten.

Der zweite Tag begann mit einem Vortrag von Stephanie Klasen (Universität Düsseldorf) mit dem Titel „Kulturelle und Gender-Differenzen in ‚Pacchigi Love & Peace’“. Sie behandelte darin exemplarisch für einen Bestandteil des Korea-Booms in Japan den Film „Pacchigi Love & Peace“, in dessen Zentrum ein japanisch-koreanisches Geschwisterpaar steht. Anhand dieser Figuren zeigte Klasen auf, wie sowohl geschlechtliche als auch ethnische Differenzen konstruiert werden und sich wechselseitig aufeinander beziehen.
Maria Grajdian (Universität Heidelberg) thematisierte in ihrem Vortrag „Japan schlägt zurück: Der Fall ‚Takarazuka Revue’ oder die intersektionelle Macht der Kultur“, inwieweit Geschlecht in dem musikalischen Unterhaltungstheater „Takarazuka Revue“ als dynamisches Universum inszeniert wird. Anhand einiger filmischer Ausschnitte konnte aufgezeigt werden, wie Geschlecht, Ethnie und soziale Schicht auf der Bühne konstruiert werden. Kultur wird in diesem Zusammenhang als intersektionelle Auseinandersetzung mit dem Selbst und mit dem Anderen verstanden.
„‚Der Herr Ehemann kommt zum Studium her und bringt seine Gattin mit, die dann jobben geht.’ Integrationsperspektiven für MigrantInnen in Beppu und Halle (Saale) aus der Sicht zivilgesellschaftlich Aktiver“, so lautete der Vortrag von Frauke Kempka (Universität Halle). Sie beschäftigte sich aus intersektioneller Perspektive mit der Integrationsförderung in Beppu, die sie exemplarisch anhand ihrer aus Interviews gewonnenen Daten analysierte. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie die Selektivität im Engagement von Japanerinnen für die gesellschaftliche Teilhabe von MigrantInnen erklärt werden kann, und von welchen Kategorien der Grenzziehungen diese bestimmt wird.
Im Mittelpunkt des Vortrags „Shokuiku im ‚trauten Kreis der Familie’ – Die Diskriminierung berufstätiger Frauen im Rahmengesetz zur Ernährungserziehung“ von Cornelia Reiher (Universität Leipzig) stand die Verbindung des dem Rahmengesetz zugrunde liegenden Familien- und Geschlechterbildes mit den Kategorien Berufstätigkeit und ökonomisches Kapital. Reiher hat am Beispiel Arita-chô herausgearbeitet, wie die Verantwortung für die Umsetzung des Rahmengesetzes ausschließlich den Frauen (als Mütter, Erzieherinnen etc.) auferlegt wird, und wie aber gleichzeitig berufstätige Mütter diskriminiert werden, da sie z.B. das im Gesetz formulierte Leitbild einer „um den Esstisch versammelten Familie“ nicht umsetzen können. Die Differenzziehung findet hier somit im Bereich Ernährung statt.
Der Workshop endete mit einer Abschlussdiskussion, in der die gewonnenen Erkenntnisse zur intersektionellen Herangehensweise reflektiert sowie offen gebliebene Fragen und Probleme thematisiert wurden.

Der nächste Workshop wird sich voraussichtlich an dem Themenschwerpunkt der VSJF-Jahrestagung (Cultural Power, Cool Japan, Japanische Popkultur im Ausland) orientieren. Ein entsprechender Call for Papers für den kommenden Workshop wird im Frühjahr 2010 erstellt und verschickt. Berichte und aktuelle Informationen zum Workshop können auch auf der Homepage ›› des Fachs Modernes Japan der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf abgerufen werden.

Sprecherinnen des Workshops Geschlechterforschung zu Japan:

Prof. Dr. Ilse Lenz (Ruhr-Universität Bochum)
Prof. Dr. Michiko Mae (Heinrich-Heine-Universität)
Dr. des. Julia Schmitz (Heinrich-Heine-Universität)
Dr. Ina Hein (Heinrich-Heine-Universität)

E-Mail: gender_studies@vsjf.net

Julia Schmitz (Universität Düsseldorf)