Gender Workshop 2012
Genderdimensionen in der Beziehung zwischen Japan und seinen Nachbarn in Ost- und Südostasien
22.–23. November 2012 in Weingarten
Die zwei Veranstaltungstage des zum 19. Mal im Rahmen der VSJF-Jahrestagung stattfindenden Gender-Workshops waren auch dieses Mal von unterschiedlichen Themen bestimmt: Während der erste Tag des Workshops ganz im Zeichen des an die Haupttagung der VSJF angelehnten Schwerpunktthemas “Genderdimensionen in der Beziehung zwischen Japan und seinen Nachbarn in Ost- und Südostasien” stand, fand am zweiten Tag eine Open Session statt, die aktuelle, sehr unterschiedliche Forschungsprojekte mit Genderbezug vorstellte. Der von Ilse Lenz (Ruhr-Universität Bochum) und Michiko Mae (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) ins Leben gerufene und betreute Workshop wurde 2012 von Ina Hein (Universität Wien) und Phoebe Stella Holdgrün (DIJ Tokyo) organisiert und moderiert.
Nach einer Begrüßungsrunde und der Kurzvorstellung von Projekten der TeilnehmerInnen eröffnete Claudia Derichs (Philipps-Universität Marburg) den Workshop mit ihrem einführenden Vortrag “Asiatische Feminismen? Perspektiven auf Gender, Japan, Südostasien”. Darin diskutierte sie verbindende Elemente wie auch die Diversität von japanischen und insbesondere südostasiatischen Frauenbewegungen. Deutlich wurde, dass einerseits Gemeinsamkeiten, besonders bei themenbezogenen Aktivitäten, identifiziert werden können, und es entsprechend zu intra-asiatischen Kooperationen kommt, dass andererseits jedoch große Unterschiede vorherrschen, was transnationale Verbindungen, Problemlagen und zunehmend auch das Verständnis von Feminismus angeht.
Den Themenschwerpunkt griffen sodann zwei weitere Vorträge auf: Carola Wanke (Universität Heidelberg) stellte Aspekte ihres Dissertationsprojektes unter dem Titel “Comfort Women – Women of Conformity. Zum Werk der Künstlerin Shimada Yoshiko” vor. Der Vortrag stellte Fallbeispiele feministischer Kunst in Japan in den Mittelpunkt, die sich insbesondere kritisch mit der Rolle von (japanischen) Frauen bzw. (asiatischen) “Trostfrauen” im Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen.
Die von Frauke Kempka (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) präsentierte Analyse qualitativ erhobener Interviewdaten zum Thema “Hausfrauen, Prostituierte und elitäre Studenten. Konstruktionen südostasiatischer MigrantInnen in Beppu” bildete den Abschluss des ersten Veranstaltungstages. Die Referentin arbeitete heraus, welche geschlechtsspezifischen Rollenbilder die von ihr befragten japanischen BürgerInnen von den südostasiatisch-stämmigen MigrantInnen haben und welche Eigenschaften sie diesen zuschreiben. Insbesondere fragte die Referentin nach der Einstellung der japanischen InterviewpartnerInnen zu sozialen Teilhaberechten der MigrantInnen, zu persönlichen Interaktionswünschen und zur Beurteilung der Selbstbestimmtheit bei den MigrantInnen. Dabei stellte sich heraus, dass das Frauenbild, das von südostasiatischen Migrantinnen existiert, weitaus vielfältiger ist als die Rollen, die männlichen Migranten zugeschrieben werden.
Die Open Session am zweiten Workshop-Tag begann mit dem Vortrag von Barbara Holthus (DIJ Tokyo) zum Thema “Elterliches Wohlbefinden: Eine neue Sicht auf die Herstellung von Geschlecht in japanischen Familien”. Darin stellte sie die Ergebnisse einer japanweiten Umfrage zur Korrelation von geschlechtlicher Aufgabenverteilung im Haushalt und Wohlbefinden vor. Haushaltsaufgaben sind demnach innerhalb der Familie nach wie vor stark nach Geschlechtern getrennt. Die Studie konnte jedoch nicht bestätigen, dass in Vollzeit berufstätige Mütter am unzufriedensten bzw. in Vollzeit berufstätige Väter am zufriedensten sind.
Monika Schrimpf (Universität Bayreuth) thematisierte in ihrem Vortrag zu einem neuen Projektvorhaben “Zwischen Popkultur und Reformbuddhismus: Zum Religions- und Selbstverständnis von Frauen im gegenwärtigen japanischen Buddhismus” anhand einiger Fallbeispiele verschiedene Formen des Engagements von Frauen im Buddhismus und fragte dabei nach Motiven, Zielen und Einstellungen der AkteurInnen.
Die letzte Präsentation des zweiten Workshop-Tages wurde von Ronald Saladin (Universität Trier) unter dem Titel “Alte neue Männlichkeiten in japanischen Modezeitschriften für junge Männer” gestaltet. Als Fallbeispiele dienten dem Referenten Männlichkeitskonstruktionen, wie sie in den Zeitschriften Choki Choki und Men’s egg ausgemacht werden können; insbesondere standen der Typus des so genannten gyaru-o und der des sōshoku-kei danshi im Mittelpunkt. Roland Saladin zeigte auf, dass die von ihm herausgearbeiteten Diskurse zwar zunächst neue Sichtweisen auf Männlichkeit suggerieren, jedoch auch Aspekte aufweisen, die bewusst oder unbewusst auf hegemoniale Männlichkeitskonstruktionen zurückgreifen.
In der abschließenden Diskussionsrunde stand die Planung und Gestaltung des 20-jährigen Workshop-Jubiläums für das Jahr 2013 im Mittelpunkt. Ein Call for Papers für den kommenden Workshop wird im Frühjahr 2013 verschickt werden.
Ina Hein & Phoebe Holdgrün