Fachgruppensitzung Erziehung 2002
In der Fachgruppe Erziehung stellte Katrin Basalla (Humboldt-Universität Berlin) ihre Magisterarbeit zu „Lebensstil und Wertvorstellungen japanischer Jugendlicher in Berlin unter besonderer Berücksichtigung zwischenmenschlicher Beziehungen“ vor. Diese Magisterarbeit ist als Voruntersuchung für spätere Arbeiten konzipiert und soll erste Ergebnisse aufzeigen und Anregungen für weitere empirische Untersuchungen geben. „Ziel der Arbeit ist es, die Bedeutung und Struktur der zwischenmenschlichen Beziehungen und den Einfluss der Kultur auf Wertorientierungen und Lebensstil japanischer Jugendlicher, die einen Teil ihres Lebens in Berlin verbringen, zu erfassen.“ (Basalla, handout, S. 4). Dabei geht Basalla davon aus, dass die Lebensphase Jugend in Hinblick auf die Bedeutung von Bildung und Konsum der von den deutschen Jugendlichen durchaus ähnelt, während sich jedoch im zwischenmenschlichen Bereich, der in Japan stärker durch eine Trennung zwischen Mädchen- und Jungenwelten gekennzeichnet ist, deutliche Unterschiede zeigen. Für die Jugendlichen in Berlin entwickelt sie entsprechend die Frage, wie sich das Alltagsleben von japanischen Jugendlichen im Ausland gestaltet und welche Auswirkungen der neue kulturelle Kontext auf die zwischenmenschlichen Beziehungen hat.
Diesen und ähnlichen Fragen geht K. Basalla in einem ersten Untersuchungsschritt mittels einer Fragebogenuntersuchung nach. Die japanischen Fragebögen zu den Bereichen Alltag, Freizeit, Freundschaftsbeziehungen, Werte und Sicht auf die Stadt Berlin wurden (überwiegend) per Email versandt. In Berlin waren zum Untersuchungszeitpunkt (Stand 31.06.2001) 503 japanische Jugendliche zwischen 15 und 29 Jahren gemeldet. Im Verlauf der Untersuchung war die Ermittlung von Email-Adressen jedoch schwieriger, als vermutet. Von 105 versandten Fragebogen hatte die Referentin zum Vortragszeitpunkt 23 zurück bekommen, aus denen sie erste Ergebnisse referierte (Rücklauf bis zum 27.11.02: 39 Bögen).
Auf dem Hintergrund erster Auszählungen plant Basalla Tiefeninterviews und entwickelt für diesen zweiten Untersuchungsschritt gegenwärtig einen Leitfaden. Die Antwortenden (gültig waren die Fragebögen von 11 jungen Männern und 11 jungen Frauen) waren 22 bis 32 Jahre alt, ein Drittel von ihnen stammte aus Tôkyô, jeweils die Hälfte lebte schon länger als ein halbes Jahr in Berlin bzw. hat bereits in Japan Arbeitserfahrungen gesammelt; über die Hälfte studierten und jobbten in Berlin; zwei Drittel gaben an, dass es leicht sei, in Berlin zu leben.
Im Rahmen der Fachgruppe diskutierten wir Möglichkeiten und Grenzen der weiteren Vorgehensweise. Geplant ist es, die Interviews zu transkribieren und zu übersetzen und so wichtige Bereiche, in erster Linie zu zwischenmenschlichen Beziehungen, zu dokumentieren.
Ausländischen Jugendlichen wird in der deutschen Jugendforschung zwar bereits viel Aufmerksamkeit geschenkt, jedoch handelt es sich dabei überwiegend um eher benachteiligte MigrantInnengruppen. Die japanische Forschung beschäftigt sich mit den Jugendlichen mit Auslandserfahrung erst dann, wenn sie wieder ins eigene System zurückkehren. Neben der Auswahl der Zielgruppe erscheint auch die eingesetzte Methode und die Weiterentwicklung der auf japanische Jugendliche bezogenen Fragestellung innovativ.
Als weiten Programmpunkt informierten Mitglieder der Fachgruppe über aktuelle Projekte im Bereich von Bildung und Erziehung. Dazu gehörten u.a. ein DFG-Projekt zur Bildungsforschung, das auf Japan ausgedehnt werden soll (G. Foljanty-Jost), eine Feldforschung zur außerschulischen Sozialisation von Kindern in der Gemeinde (A. Platz) und ein inzwischen abgeschlossenes Buchprojekt zu Jugendlichen in Japan und Deutschland (S. Kreitz-Sandberg).
Die Fachgruppe Erziehung dankt Annette Erbe für ihre Koordinationsarbeit in den Jahren 2000 bis 2002. Da Frau Erbe nicht mehr im wissenschaftlichen Bereich tätig ist, ist sie von der Fachgruppenarbeit zurückgetreten. Ab sofort übernimmt Anemone Platz (Universität Aarhus, Dänemark) gemeinsam mit Susanne Kreitz-Sandberg die Leitung und Koordination der Fachgruppe Erziehung.