Fachgruppensitzung 2003

In der Fachgruppe Erziehung widmeten wir uns dieses Jahr in Tutzing am 22. Nov. 2003 Fragen von Jugendarbeit und Erziehungshilfe, einem Thema, das über die klassischen Themen von Bildung und Erziehung in Schule und Hochschule hinausgeht und bisher in der japanologischen Forschung kaum aufgegriffen wurde.

Manuel Metzler (Soziologe, Japanologisches Seminar, Ruprecht Karls-Universität Heidelberg) referierte über das Thema „Jugendhilfe in Japan zwischen Liberalismus und Paternalismus“. Er stellte Ergebnisse einer Expertise zur Organisation von staatlicher und privater Jugendhilfe in Japan vor, die er für ein Team von Sozialpädagogen um PD Uwe Uhlendorf (Universität GH Kassel) erstellte. Dienste der Jugendhilfe werden in Japan von verschiedenen Institutionen getragen. Neben der Abteilung für Planung und Koordination im Kabinettsbüro (naikakufu, sougou kikaku chousa), die u.a. jährlich das Jugendweissbuch herausgibt, sind auch zahlreiche andere Ministerien und Behörden für Aufgaben der Jugendhilfe zuständig. Besondere Bedeutung kommt dem Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit (kousei roudoushou), dem Ministerium für Erziehung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie (monbu kagakushou), dem Justizministerium(houmushou) sowie der Obersten Polizeibehörde (keisatsuchou) zu. Unabhängig hiervon befasst sich das Familiengericht (katei saibansho) mit jugendhilfeähnlichen Aufgaben. Neben diesen staatlichen Akteuren sind zudem vielfältig Bürgergruppen, wie z.B. Jugendhilfsvereine, Schulkomitees, Kriminalitäts-Präventionsräte, Kinderschutzgruppen und Jugendgruppen aktiv. Eine hohe Zahl ehrenamtlicher Helfer ergänzt die Arbeit aus den Einrichtungen der Ministerien. Vollkommen privat getragene, bewusst alternative „Graswurzelgruppen“ sind selten.

In der Diskussion tauchte die Frage nach der Motivation für den Vergleich auf. Damit solch ein Forschungsprojekt eine Chance auf Bewilligung haben soll, muss überzeugend dargelegt werden, warum in diesem Punkt ausgerechnet über Japan geforscht werden soll.

Gesine Foljanty-Jost warf die Frage nach der Rolle der Diskurse in den Fachgruppen auf. Sollen auch dort „inhaltliche“ Referate gehalten werden oder sollte es nicht viel mehr um Metadiskussionen, z.B. zur Methodik vergleichender Forschung etc. gehen. Dies wäre – gerade mit einer Besetzung, in der viele Personen diesbezüglich bereits einschlägige Erfahrungen haben – durchaus sinnvoll und möglich. Gleichzeitig sollten die Fachgruppen jedoch auch weiterhin die Möglichkeit des kontinuierlichen inhaltlichen Austauschs zu Themen der jeweiligen Disziplin bieten, die ggf. gerade nicht zum Tagungsthema gehören.