Fachgruppensitzung Kultur und Medien 2004

Auf der diesjährigen Sitzung der Fachgruppe wurden Forschungsvorhaben und laufende Projekte aus den Themenbereichen„Japanische Frauenzeitschriften in der Zwischenkriegszeit“„Manzai“ und„Jugend im zeitgenössischen japanischen Film“ vorgestellt.

Zunächst präsentierte Martha Caspers, M.A., Fotohistorikerin und seit 1989 Leiterin des Fotoarchivs des Historischen Museums in Frankfurt am Main, ihr gemeinsam mit Ulrike Wöhr (Hiroshima City University) durchgeführtes Projekt zum Thema„Widersprüchliche Frauenbilder im Nationalsozialismus. Das Beispiel des Frankfurter Modeamtes und seine Rezeption in den japanischen Frauenzeitschriften der Kriegszeit“. Das Forschungsprojekt ist eine interdisziplinär angelegte Vergleichsanalyse zur Repräsentation von Frauenbildern in der Zeit des zweiten Weltkrieges, bei der es um die Rolle der Propagandafotografie in Japan und in Deutschland geht. Untersuchungsgegenstand sind deutsche und japanische Frauen- und Modezeitschriften sowie illustrierte Wochen- und Propaganda-Magazine, die in den Jahren zwischen 1930 und 1945 erschienen sind. Als Quelle der Forschung dienen die in diesen Zeitschriften abgedruckten Mode- und Reportagefotografien. Deutsche Quellen sind 500 Modefotografien mit Mode des Frankfurter Modeamtes aus diversen Frauenzeitschriften dieser Zeit; an japanischen Quellen werden die Zeitschriften: Fujin Zasshi, Shufu no tomo, Fujin Gahô, Fujin kôron, Fujin no tomo, Fujin kurabu, Ie no hikari, Nihon Fujin; darüber hinaus auch Shashin Zasshi wie Asahi Graphu und Shashin Shûhô sowie zwei Zeitschriften der japanischen Auslandspropaganda, die Zeitschrift des Militärs Front und die viersprachige, teilweise auch in deutsch gedruckte Kulturzeitschrift Nippon, mit in die Untersuchung einbezogen.

Caspers fragt in ihrer Untersuchung nach den in diesen Fotografien repräsentierten Weiblichkeitsbildern und Rollenmodellen von Frauen. Dem Bild der deutschen Frau, repräsentiert in diesen Fotografien, gedruckt in Frauenzeitschriften, illustrierten Magazinen und Propagandazeitschriften in Japan, soll das fotografische Bild der Japanerin in der Berichterstattung deutscher Frauen- und Modezeitschriften der NS-Zeit gegenübergestellt werden. Die Fotografien stehen im Schnittpunkt der politischen Geschichte der Kriegszeit beider Länder, sie waren Teil der Auslandspropaganda und der medialen Ideologieproduktion. Fotohistorische Forschungsaspekte wie die Bewertung und Wirkung der ästhetischen Qualität der Bilder verknüpfen sich mit Fragestellungen und Ansätzen der Frauen- und Geschlechterforschung und den Gender Studies, in denen es um die Repräsentation und Rolle der Frau in der Kriegszeit geht. Nicht zuletzt geht es Caspers auch um die Analyse von Selbst- und Fremdbildern, Fragen die stets bei einer vergleichenden Kulturgeschichte, so auch in der Japanologie, nicht unbeachtet gelassen werden können. In ihrem Vortrag berichtete Caspers weiterhin über die Quellenrecherche in Archiven und Bibliotheken in Japan, beschrieb den Forschungskontext in Deutschland (Nationalsozialismus, Frau und Nationalsozialismus, Verhältnis Deutschland – Japan, Fotohistorie) und umriß ihre Fragestellung bei der Analyse der Abbildungen. So seien neben der ästhetischen Beurteilung auch Fragen nach den Vertriebswegen, auf welchen die Fotografien in die japanischen Zeitschriften kamen, und nach den Propaganda-Interessen beider Seiten von Interesse. An zahlreichen Dia-Beispielen aus deutschen wie japanischen Frauenzeitschriften demonstrierte Caspers, wie Ideologie und Propaganda in den jeweiligen Abbildungen Ausdruck fanden, welche Frauen- und Rollenbilder inszeniert wurden und welche Themen bzw. Abbildungen der deutschen Zeitschriften von den japanischen Medien aufgenommen und dabei teilweise auch rekonstruiert wurden.

Für die zukünftige Forschung sei noch ungeklärt, ob die gezeigten Entwürfe ganz konkret einen beispielgebenden Einfluss auf die Mo deproduktion in Japan vor allem im Bereich Arbeitskleidung hatten. Außerdem sei zu prüfen, in welcher Weise die Berichte aus Deutschland von japanischen Leserinnen rezipiert wurden und insbesondere, ob das präsentierte Frauenbild überhaupt attraktiv für Japanerinnen gewesen sei und Vorbildcharakter haben konnte. Ferner untersucht Caspers, welche Motive die japanische Propaganda hatte, gerade deutsche NS-Frauenbilder ideologisch als Vorbild einzusetzen und welche Interessen die deutsche Propaganda dabei verfolgte. Das Projekt ist Teil des International Gender Studies Project „Expanding Time and Space: Crafting Woman’s Selves in Rapidly Changing Societies“ an der Hiroshima City Uni versity. Es ist an der Fakultät für Internationale Studien angesiedelt und wird von Prof. Dr. Ulrike Wöhr geleitet. Erste Ergebnisse werden 2005 unter dem Titel „Conflicting Role Models in Photographic Accounts of German and Japanese Women in Magazines of Wartime Japan“ veröffentlicht.

Im Anschluss referierte Till Weingärtner, Student der Japanologie an der Freien Universität Berlin, über sein geplantes Magistervorhaben zum Thema „Das japanische Comedy-Genre Manzai“ (Arbeitstitel). Grundlage für seinen Ansatz zur Untersuchung des Manzai in Japan sei, dass Lachen und Humor ein ausgesprochen wichtiger, aber bislang kulturwissenschaftlich wenig beachteter Bereich des menschlichen Lebens und der menschlichen Kommunikation darstellten. Wenn man untersuche, was Menschen in einem Land zum Lachen bringe, könne man daraus gleichzeitig langfristige Erkenntnisse über das Land selbst gewinnen. Das Manzai als japanisches Comedy-Genre, dessen Ursprünge sich über mehrere Jahrhunderte zurückverfolgen lassen, sei heute (in modernisierter Version) vor allem auch bei jungen Leuten ausgesprochen populär. In seinem Vortrag diskutierte Weingärtner zunächst verschiedene kulturhistorische, soziologische und linguistische Forschungsansätze zum Thema „Manzai“ in der japanischen Forschung auf diesem Gebiet. In seiner Magisterarbeit wird Till Weingärtner zunächst das Manzai als Genre definieren und seine Geschichte aufzeigen. Schwerpunkt seiner Arbeit sind die Mechanismen der Komik des Manzai, exemplarisch aufgezeigt am Komiker-Duo Yumeji Itoshi und Kimi Koishi, die sich über mehrere Jahrzehnte in Japan großer Beliebtheit erfreuten und vor einigen Jahren sogar zum lebenden nationalen Kulturschatz (jûyô bunkazai) erklärt wurden. Dazu sollen von ihm selbst verschriftlichte Manzai-Auftritte des Duos als Grundlage genommen werden, um zu untersuchen, an welchen Stellen das japanische Publikum lacht und welche Themen im Manzai auftreten. In der anschließenden Diskussion wurde darüber hinaus angeregt, als weiterführende Fragestellung das Manzai im Rahmen eines Kulturvergleichs zu analysieren.

Als dritte Referentin präsentierte Katrin Basalla, M.A. (Humboldt-Universität Berlin / Firma Fuji-TV Berlin) ihr Dissertationsprojekt „Jugendbilder im zeitgenössischen japanischen Spielfilm“ (Arbeitstitel). Ausgangspunkt Ihrer Arbeit ist die Tatsache, dass Medien heute einen wichtigen Teil unseres Alltagslebens darstellen und unsere Wahrnehmung beeinflussen. Die selektive Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten inszeniert dabei eine Realität, die dem Zuschauer oft als Wirklichkeit erscheine. Dies gelte umso mehr für „fremde“ Kulturen und Gesellschaften, die man häufig nur über mediale Darstellungen kennen lerne. Die Kenntnis der Lebenswelt von Jugendlichen stelle eine wichtige Grundlage zum Verständnis einer Gesellschaft dar. In ihrer Dissertation wird Katrin Basalla daher anhand einer Auswahl von japanischen Spielfilmen der Gegenwart aus den Jahren 1990 bis 2004 untersuchen, mit welchen Mitteln die Regisseure das Bild der japanischen Jugendlichen konstruieren. Am Beispiel von etwa zehn Filmen soll analysiert werden, welche Merkmale und Eigenschaften Jugendlichen zugeschrieben werden und welche Bereiche jugendlicher Lebenswelt thematisiert werden. Da laut Basalla die mediale und gesellschaftliche Realität untrennbar miteinander verbunden seien, wird in ihrer Arbeit auch ein Blick in die jugendwissenschaftliche Diskussion der neunziger Jahre in Japan geworfen.