Fachgruppensitzung Politik 2004
Auf dem Treffen der Fachgruppe Politik am 20. November 2004 stellte Kerstin Lukner von der Universität Bonn ihr Dissertationsvorhaben zum Thema „Japans Rolle in der UNO“ vor. Frau Lukner fragt danach, ob Japans Engagement im Rahmen der Vereinten Nationen eine Grundlage für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat bilden kann. Dazu hat sie den Reformdiskurs der Vereinten Nationen in den 1990ern und die Haltung Japans zu diesen Reformplänen untersucht. Ihre zentrale Analyse richtet sichtet sich auf die Argumentation Japans in der Diskussion über die Erweiterung des Sicherheitsrates. Um diese Argumentation kritisch erfassen zu können, richtet Lukner ihren Blick zum einen auf die personellen und finanziellen Leistungen sowie zum anderen auf die Beiträge Japans im Bereich der UN-Friedens- und Sicherheitspolitik, der Konfliktprävention und der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Dieser Teil stellt den Kern der Arbeit dar. Der Argumentationsanalyse selbst folgt eine Bewertung auf Basis der folgenden Kriterien:
- Welche Rolle spielt der Sicherheitsrat in den einzelnen Ressorts / Politikfeldern?
- Wie gestaltet sich das Verhältnis von offiziellen japanischen Verlautbarungen zum tatsächlichen Engagement Japans in den UN?
- Wie schneidet Japan im Vergleich zu anderen Bewerbern als Kandidat für den Sicherheitsrat ab?
Die Materiallage, die für diese Analyse zur Verfügung steht, ist nicht üppig. UN-bezogene Untersuchungen zur japanischen Außenpolitik sind selten und, so vorhanden, zumeist veraltet. Die multilateralen Beiträge, auf die sich der Blick Lukners richtet, werden in der einschlägigen Literatur kaum behandelt.
Erfreulich an der Arbeit von Kerstin Lukner ist ihr Ansatz, die internationalen Beiträge Japans zu den Vereinten Nationen zu betrachten und damit nicht, wie man sehr wohl vom Titel der Dissertation her hätte erwarten können, den innerjapanischen Diskurs. Ihre Argumentationsanalyse richtet sich methodisch strikt auf die Untersuchung von „Anspruch und Wirklichkeit“, durchgespielt am Fallbeispiel verschiedener Politikfelder. Diskutiert wurde in der Runde, ob eine reduzierte Auswahl dieser Politikfelder nicht genüge, um den Analysekriterien gerecht zu werden. Denn mit einem Spektrum, welches von Abrüstung bis zu den Menschenrechten reicht, ist eine sehr breite Palette an zu bearbeitenden Themen gegeben. Eine weitere Frage, die intensiv diskutiert wurde, war die nach der Einbindung des Feldes „Terrorismusbekämpfung“. Zwar sind die UN keine Organisation, in deren Verantwortlichkeit dieses Thema fällt, doch sind sie mittelbar betroffen von den Veränderungen der internationalen Beziehungen seit dem 11. September 2001 und damit auch gefordert, den neuen Kräfteverhältnissen Rechnung zu tragen. Folgerichtig bestand in der Fachgruppe Übereinstimmung darüber, dieses Thema in die Analyse zu integrieren.
Im Anschluss an Lukners Vortrag stellte David Chiavacci (Universität Zürich; Soziologie) kurz und spontan sein Dissertationsvorhaben zur japanischen Migrationspolitik vor. In der Diskussion über diese Arbeit ging es vor allem um die Frage, in welcher Weise der empirische Teil mit Interviews in Ministerien und Beamtenschaft fruchtbringend gestaltet werden könnte.
Die Diskussion der beiden Dissertationsschriften, auf deren Fertigstellung alle Beteiligten sehr gespannt sind, ließ auch in diesem Jahr erkennen, dass die Atmosphäre der Fachgruppensitzungen in jedem Fall gewinnbringend für den intensiven Austausch über einzelne Themen und Arbeiten ist. In diesem Sinne hat sich das Format der Jahrestagungen ein weiteres Mal bewährt – und wir sind gespannt auf die Session im Jahr 2005.