In der Fachgruppensitzung wurden 2008 drei Dissertationsprojekte präsentiert. Zunächst stellte Frauke Kempka, Doktorandin im Internationalen Graduiertenkolleg „Formwandel der Bürgergesellschaft“ der Universität Halle-Wittenberg, einen Teil ihres Dissertationsvorhabens vor. Unter dem Titel „Wo stehen die Mauern? Integration und Abgrenzung im ‚internationalen Austausch‘ in Beppu/Oita“ präsentierte Kempka erste Ergebnisse ihrer Feldforschung in Beppu, die sie in ihrer komparativ angelegten Dissertation den noch zu erbringenden Forschungsergebnissen der Integration von Migranten in Halle gegenüberstellen möchte. Die beiden Städte wurden ausgewählt, da sie ähnliche strukturelle Probleme aufweisen, auf die eine Zuwanderung von hochqualifizierten Migranten als Ressourcenträger erleichternd wirken könnte, wenn deren soziale Integration gelingt. Integration wird in diesem Projekt verstanden als ein Prozess der gesellschaftlichen Teilhabe, welcher von den Zugangsbedingungen zu gesellschaftlichen Teilbereichen wie Politik und Wirtschaft und von den persönlichen Ressourcen des sich integrierenden Individuums abhängig ist. Eine Besonderheit Beppus liegt darin, dass mehr als 70% der in der Stadt wohnhaften Ausländer im akademischen Umfeld anzusiedeln sind, darunter viele Studierende oder Lehrende der ansässigen Ritsumeikan Asia Pacific University. Die ausländische Bevölkerung Beppus ist also überwiegend jung und hochgebildet. Kempka führte Problemzentrierte Interviews zum Thema Integration mit in diesem Bereich engagierten Einzelpersonen durch, darunter Angehörige von Freiwilligenorganisationen und Angestellte der Stadtverwaltung in Beppu. Als Ergebnis ihrer qualitativen Studien resümierte Kempka, dass Integrationsförderung zwar angestrebt, aber nur in Teilen ermöglicht werde. Migranten in Beppu würden in die Rolle der Fremden gedrängt und selten als Mitbürger akzeptiert. Meist beschränke sich der Kontakt auf Aktivitäten des „internationalen Austauschs“ (kokusai kōryū). Durch diese exkludierende Verhaltensweise der Aufnahmegesellschaft, so Kempka, versäume es die Stadt Beppu, kognitive und materielle Ressourcen der Migranten zu nutzen.In der zweiten Präsentation stellte Nadine Burgschweiger (Doktorandin und wiss. Mitarbeiterin am GIGA-Institut für Asien-Studien, Hamburg) ihr Dissertationsprojekt zum Thema „Tiefere Integration durch umfassende Präferenzverträge? Die Rolle japanischer Wirtschaftspartnerschaftsabkommen innerhalb der ostasiatischen Gemeinschaftsbildung“ vor. In ihrem Vortrag konzentrierte sich Burgschweiger auf die Frage, inwieweit umfassende bilaterale Handelsabkommen tatsächlich eine tiefere regionale Integration nach sich ziehen. Burgschweiger stellte zunächst heraus, dass in der Region Ostasien, die bis in die 1990er Jahre hinein kaum regionale Integrationsinitiativen aufweisen konnte, seit der Jahrtausendwende eine Vielzahl unterschiedlicher Präferenzhandelsverträge geschlossen worden seien. Sie machte deutlich, dass Japan in dieser Hinsicht eine Sonderrolle in der Region spiele, weil es zum einen über die größte Dichte intraregionaler Abkommen verfüge und zum anderen eine Freihandelspolitik verfolge, die im bilateralen Rahmen ausschließlich auf umfassende Handelsverträge zielt, die neben einer Liberalisierung des Güter- und Dienstleistungshandels weiter reichende, so genannte „deeper integration“-Inhalte (z.B. Regelungen zu Investitionen, Wettbewerb oder geistigem Eigentum) umfassen. In ihren weiteren Ausführungen hob Burgschweiger exemplarisch aktuelle Problempunkte von Präferenzhandelsabkommen hervor: So schlössen manche Abkommen sensible Produktgruppen aus, um eine Liberalisierung ohne politische Kosten zu erlangen, manch andere enthielten eine Ansammlung indirekter Maßnahmen zur wirtschaftlichen Protektion, die in der Folge häufig eine Art regionale „Spaghetti Bowl“ bildeten. Burgschweiger schloss mit der These, dass wirtschaftliche Präferenzverträge trotz aller inhärenter Lückenhaftigkeiten zu einem bedeutenden Instrument regionaler Integration geworden seien, darüber hinaus jedoch auch ein Kernstück der aktuellen japanisch-chinesischen Rivalitäten darstellten.
Im letzten Vortrag der Fachgruppe mit dem Titel „Do parties matter (again)? Arbeitsmarktreformen und Parteipolitik in Japan und Deutschland“ ging es um die Rolle und den Einfluss von Parteipolitik auf die Reformen des Arbeitsmarkts in Japan und Deutschland seit Anfang der 1990er Jahre. Der Vortrag von Steffen Heinrich, Doktorand und Mitarbeiter am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg, ging der Frage nach ob die parteipolitische Zusammensetzung von Regierungen das Tempo und die Inhalte von Arbeitsmarktreformen nachhaltig beeinflusst haben. Der Vergleich von Veränderungen sowohl in den Policymaking-Prozessen als auch der Reformen selbst, offenbare viele Parallelen zwischen beiden Ländern, so Heinrich, etwa die Auslagerung von Entscheidungen in nicht primär tripartistisch oder parteipolitisch besetzte Kommissionen. Zwar sei in Deutschland auch aufgrund anderer Mehrheitskonstellationen der parteipolitische Einfluss traditionell bedeutsamer gewesen, im Laufe der 1990er habe sich dies in beiden Ländern aber weitgehend angeglichen. Beziehe man weitere mögliche Einflussfaktoren mit ein, so sein Fazit, zeige sich, dass die Reformen in Japan und Deutschland vor allem von ihren Systemen der industriellen Beziehungen beeinflusst wurden. Deren Struktur habe den steuerpolitischen Spielraum zum einen begrenzt, da hier die so genannten Tarifpartner die Hauptakteure geblieben sind, ihre Anpassungsfähigkeit zum anderen aber auch erweitert, da einige Reformziele vorweggenommen wurden. Die aktuellen Entlassungswellen von Leiharbeitern zeigten jedoch verstärkt die Kehrseite der Reformen auf und es sei zu erwarten, dass die Bedeutung inter- und intraparteilicher Differenzen deshalb wieder wachsen wird.