VSJF-Preis 2019

Anna Wiemann

Wiemann, Anna (2017): Mit dem Smartphone gegen NHK? – Mobilisierungsstrategien der japanischen Anti-Atomkraftbewegung unter Abes restriktiver Medienpolitik. In: Heinrich, Steffen; Vogt, Gabriele (Hrsg.): Japan in der Ära Abe. Eine politikwissenschaftliche Analyse (Monographienreihe des Deutsches Institut für Japanstudien 60), München: iudicium, 184–202. → Der Beitrag kann hier heruntergeladen werden

Laudatio

Dr. Anna Wiemann (LMU München) bearbeitet mit ihrem Aufsatz ein immer noch und auch künftig höchst relevantes Thema an der Schnittstelle von Zivilgesellschaft, Politik und Medien in Japan. Vor dem Hintergrund eines deutlich sinkenden Pressefreiheitsindex in Japan, insbesondere seit der Atomkatastrophe von 2011 und während der Regierungszeit von Premier Abe Shinzō, untersucht Anna Wiemann die Medienstrategien der japanischen Anti-Atombewegung. Ihr Aufsatz bietet zunächst eine konzise Beschreibung und Charakterisierung der Medienlandschaft in Japan und damit eine medienhistorische und medienstrukturelle Einbettung des Phänomens der sinkenden Presefreiheit; darauf aufbauend wirft er die Frage nach den Mobilisierungsmöglichkeiten der japanischen Zivilgesellschaft innerhalb dieser sich wandelnden Medienlandschaft auf: Wie gehen Bewegungsakteure, die ihr politisches und aufklärerisches Anliegen rund um die Dreifachkatastrophe verbreiten wollen, mit den ihnen zu grossen Teilen verschlossenen alten Medienkanälen (Stichwort: der staatliche Sender NHK) um und wie nutzen sie neue Medien für ihre Kommunikation und Mobilisierung (Stichwort: Smartphone sowie internetbasierte soziale Medien)?

Mittels Feldforschung und 24 meist semi-struktrurierten Interviews arbeitet Anna Wiemann zentrale Tendenzen der Medienstrategien der Akteure sauber und kritisch heraus. Zum einen machen Bewegungsakteure sich den Ausbau alternativer Internetmedien zunutze und befördern diese; zum anderen betonen sie die weiterhin bestehende Notwendigkeit, die „traditionellen“ Massenmedien ob ihrer systematischen Selbstkontrolle zu kritisieren aber auch die Kontakte zu sympatisierenden Journalisten und Journalistinnen zu intensivieren – also auch weiterhin die Möglichkeiten der traditionellen Medien auszuloten und auszubauen.

Anna Wiemanns hervorragender Aufsatz gibt Einblick in die Strategien, Grenzen und Chancen der Mediennutzung durch kritische Bewegungsakteure in der japanischen Gesellschaft. Über die inhaltliche Qualität hinaus ist der Aufsatz auch in formaler Hinsicht vorbildlich: er ist sehr gut geschrieben, konzise verfasst und verfügt über eine klare Fragestellung und einen klaren Aufbau. Als sozialwissenschaftliche Untersuchung bietet er einen hohen empirischen Forschungsanteil mit eingehender Analyse und einer stringenten und gleichzeitig differenzierten Argumentation.

Aus diesen Gründen war es der Kommission eine Freude, diesen exzellenten Aufsatz aus einigen weiteren sehr guten Einreichungen auszuwählen und zuletzt einstimmig für den VSJF Preis 2019 vorzuschlagen. Im Namen der Kommission gratuliere ich Frau Dr. Anna Wie-mann sehr herzlich zu dieser Auszeichnung.

November 2019

Jury: Prof. Dr. Andrea Germer (Universität Düsseldorf), Prof. Dr. Fabian Schäfer (Universität Nürnberg-Erlangen), Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost (Universität Halle-Wittenberg), Dr. Kai Schulze (Freie Universität Berlin)