Gender Workshop 2011
Solidarität – zwischen Risiko, Gleichheit und Differenz
24. bis 25. November 2011 in Ludwigshafen.
Der Gender-Workshop „Geschlechterforschung zu Japan“ fand 2011 bereits zum 18. Mal statt und behandelte den Themenkomplex von Geschlecht und Solidarität. Betreut wurde er von Prof. Dr. Ilse Lenz (Universität Bochum) und Prof. Dr. Dr. h.c. Michiko Mae (Universität Düsseldorf). Durch das Programm führten Dr. Ina Hein (Universität Wien) und Dr. Julia Siep (Universität Düsseldorf).
Nach einer kurzen Begrüßung sowie einer Vorstellungsrunde aller Teilnehmerinnen leitete Ilse Lenz mit ihrem Grundlagenvortrag „Multiple Modernisierung und reflexive Solidarität“ den Workshop ein. Darin diskutierte sie die Vereinbarkeit von Individualität und Solidarität, indem sozialwissenschaftliche Theorien zu Solidarität sowie deren „blinde Flecken“ vorgestellt wurden.
Anknüpfend an den Vortrag von Ilse Lenz gestalteten Ina Hein und Julia Siep eine Diskussionsrunde, bei der die Workshop-Teilnehmerinnen in Kleingruppen eigene Fragen zum Thema formulieren und besprechen konnten. Zur Orientierung diente ein kurzer Textabschnitt über das „Internationale Tribunal für Kriegsverbrechen gegen Frauen“, das im Jahr 2000 in Tokyo stattgefunden hatte und an dem neben den unmittelbar betroffenen Frauen auch diverse NGOs (Menschenrechtsorganisationen, asiatische Frauengruppen) und Juristinnen aus den verschiedensten Ländern teilgenommen hatten. Die wichtigsten Fragen, Ideen und Ergebnisse aus den Kleingruppen wurden anschließend im Plenum vorgestellt und weiterdiskutiert.
Zum Abschluss des ersten Tages stellte Constanze Noack (Universität Düsseldorf) ihr aktuelles Forschungsvorhaben zu Konstruktionen von Männlichkeit in Japan vor. Im Mittelpunkt ihres Vortrags stand das medial konstruierte Phänomen der sogenannten sōshoku danshi („pflanzenfressende Männer“), die ein neues Konzept von Männlichkeit verkörpern, um das in Japan angesichts der sinkenden Geburtenrate und des Rückgangs von Eheschließungen aktuell eine lebhafte Debatte geführt wird.
Am zweiten Tag wurde Nachwuchswissenschaftlerinnen ein Forum für die Präsentation ihrer Forschungsvorhaben in Form einer „Open Session“ geboten. Diese Möglichkeit nutzten Maria Baier (Universität Wien), Marissa Maurer (Universität Trier) und Kira Ackermann (Universität Nürnberg-Erlangen).
Maria Baier stellte in ihrer Präsentation „‚Gender Free Backlash‘ in Tokio: Feministische/emanzipatorische Praxen an Schulen in einer Phase konservativer Geschlechterpolitik“ die ersten Ergebnisse ihrer Feldforschungsphase in Japan vor. Die Interviews mit Lehrer/innen an zwei Schulen zeigen, dass sich die Handlungsmöglichkeiten von Lehrenden verschlechtert haben, geschlechtersensible Unterrichtsansätze zu verwenden und selbstbestimmt Sexualkunde zu unterrichten. Ein Beispiel stellt das Verbot dar, gemischte Namenslisten zu verwenden.
Im Vortrag „Repräsentationen erwerbstätiger Frauen in japanischen und deutschen Zeitschriften“ von Marissa Maurer wurde die Frage gestellt, ob sich die Bewertung von Karriere bzw. weiblicher Berufstätigkeit geändert hat. Als erstes Ergebnis ließ sich festhalten, dass die hataraku josei stark mit dem Label kakko ii verknüpft wird. Außerdem stellte Maurer fest, dass viele andere Lifestyle-Themen in den Zeitschriftendiskursen untrennbar mit dem Thema Arbeit und Work-Life-Balance verbunden sind.
Kira Ackermann thematisierte in ihrem Vortrag „Japan’s New Half: Wenn die Entscheidung, Weiblichkeit zu leben, bewusst getroffen wird“, wie „Transfrauen“ und „Transmänner“ in populärkulturellen Produkten wie Manga repräsentiert werden. Sie ging dabei u.a. auf das Beispiel von Kamikawa Aya als „Transfrau“ ein, die sich politisch für sexuelle Minderheiten und Transsexuelle, aber auch für Obdachlose und Alleinerziehende engagiert.
Zum Abschluss des Workshops überlegten die Teilnehmerinnen gemeinsam, welches Thema im Mittelpunkt des nächsten Gender-Workshops, der 2012 in Stuttgart stattfindet, stehen könnte. Ein entsprechender Call for Papers wird im Frühjahr 2012 verschickt.
Julia Siep (Universität Düsseldorf)